Skipperin durfte bis Ende 2020 einen bunten Buchstabensalat
auf der digitalen Plattform für Deutschfreiburg skippr.ch
anrichten. Eine carte blanche sozusagen.
Diese Newsplattform für Deutschfreiburg heisst neu
frapp.ch und ist für alle Freiburger oder solche, die es
gerne wären. Es gibt sie als Gratis-App, auf den social medial
im Netz und im Verbund von digitalen Beiträgen, Radio und TV.
Bilingue und im Verbund aller elektronischen Medien.
Merci für die Blogs als Skipperin - hier im Archiv
Dinge, die heute in Murten passieren
Das Drehbuch ist klar, die Regie bestens erfahren, die grosse Inszenierung zum ersten Mal in der 185jährigen Geschichte abgesagt. Jeder Deutschfreiburger, überhaupt jeder Schweizer, dürfte wissen, was heute in Murten auf kleinster Bühne oder im Herzen gefeiert wird:
- Es ist d a s Fest der Jugend schlechthin, das zugleich ein wichtiger Gedenkanlass ist an die Schlacht bei Murten gegen Karl der Kühne und seinem Burgunderheer vom 22. Juni 1476.
- Es wird seit dem 16. Jahrhundert gefeiert und dank dem Kadettenwesen seit 1835 als Jugendfest kurz vor Sommerschulschluss veranstaltet.
- Tagwache ist um 5.00 Uhr mit dem 1. Böllerschuss – es sind über den 22. Juni insgesamt 22 aus der Kanone auf dem Kanonenmätteli.
- Die Geschichte überliefert, wieso das Fest in der Herrgottsfrüh beginnt: Nach verregneten Tagen lichtete sich der Himmel um 5.00 Uhr morgens an diesem besagten 22. Juni 1476. Die versammelten Eidgenossen, die auf die Zürcher warten mussten, kamen über das Franzosenholz und durchbrachen den Grünhaag. Zusammen mit den Innerschweizern die den Burggraben bezwangen, fielen die Frühaufsteher auf die Heerlager der schlafenden Burgunder und erwischten sie quasi im Unterhemd. Die Burgunder lauerten übrigens einen Tag zu früh auf und zogen sich am Vortag durchnässt in ihre Lager zurück.
- Karl der Kühne ruhte sich auf dem Bois Domingue aus - mit Panorama-Blick auf die belagerte Stadt und wurde arg verklopft und vertrieben.
- Dieser Karl, er verlor bei Grandson das Gut… in Murten den Mut… in Nancy das Blut. Ihr wisst schon, dieser Kerl.
- Nach 5.00 Uhr tourt jedes Jahr die Stadtmusik durch die Quartiere und spielt auf.
- Seit Kind bist du vor Aufregung schon um 4.45 Uhr wach, um den 1. Kanonenschuss nicht zu verpassen. Kleid, Schuhe, Täschchen, Sträusschen und Blumenkränzchen parat.
- Die Farbe des Tages ist weiss – von Kopf bis Fuss oder in Kadettenuniform.
- Die Brunnen sind voller farbiger Blumen und überbieten sich in ihrer Pracht.
- Vom kleinsten Kindergärtner bis zum hochgewachsenen Schulabgänger, alle haben ihre Rolle in der grossen Inszenierung geübt: Umzug, Défilé, Tänze, Takt, Musik, Marsch und Spiel.
- Die Fahne und somit die Macht über die Stadt geht in die Hände des Hauptmanns, seit 2019 zum ersten Mal in die Hände einer Hauptmännin.
- Heute hat jeder einen Schatz, den Solischatz, oder trifft die verflossenen Ex.
- Spätestens am Nachmittag sind die Kleider nicht mehr weiss, aber grün vom Stadtgraben-Spiel oder zerknittert vom Armbrust-Schiessen - oder nur nass von den Wasserpistolen.
- Die Tradition will, dass dich der Solischatz zur Glacé einlädt.
- Unter dem gezeichneten Brunnen auf dem Programm unterschreibt NUR der Solischatz.
- Jedes Murtner Kind kann den Solisong und sogar den Schweizer Psalm auswendig – das in beiden Sprachen, deutsch und französisch.
Worauf wir schwören, heute am gedenkwürdigen 22. Juni 2020: wir warten auf den 1. Böllerschuss, kleiden uns weiss, ziehen Band und Blumen in das Haar, blasen dem Covid den Marsch, feiern die Stadtmusik, heisse Hamme und den Gesang «zum allerschönsten Tag im Jahr»! Den lassen wir uns nicht nehmen, «voici le beau jour annoncé»!
Vor allem: wir denken ganz fest an euch, die vielen Schüler, die das verpassen müsst, sprich nächstes Jahr nach Schulaustritt nicht nachholen könnt. Wir lassen den Kopf nicht hängen, treten im Morgenrot daher, finden Solennität in kleinen Cliquen auch gut, feiern diesen Helden, den Ädu aus Spiez, der unsere Stadt verteidigt hat, nehmen halt die Wasserpistole vom letzten Jahr und machen eine Fahnenübergabe mit dem Murtenleu-Wappen vom 1. August – sie geht an euch, der Jugend ist der hohe Tag!
PS: Chli wehmüetig isch das Jahr glich…
PPS: Die Lyrics zum Solisong:
Zum allerschönsten Tag im Jahr,
Zieht Band und Blumen in das Haar.
Der Jugend ist der hohe Tag,
so freu’ sich wer sich freuen mag,
wenn unsere Stadt im Festkleid steht:
Heut ist Solennität.
Weiterführende Informationen zur gelebten Tradition: fr.ch